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WÜST Eduard Hugo Otto (1818–1859). Lutherischer Pastor, Prediger von Ideen des "wiedergeborenen Pietismus", Begründer des Wüstismus

Rubrik: Biographische Beiträge (Personalien) / Vertreter des sozialen Bereichs (Bildung, Medizin)

WÜST, Eduard Hugo Otto, * 23. Februar (7. März) 1818 in Murrhardt (Württemberg), † 13. Juli 1859 in der Kolonie Neuhoffnungstal (Bezirk Berdjansk, Gouvernement Taurien). Lutherischer Pastor, Prediger der Ideen der pietistischen Erweckungsbewegung, Begründer des Wüstismus.

Nach Abschluss der Universität Tübingen (1840) wurde Wüst Pastor einer lutherischen Gemeinde. 1842 trat er in Kontakt zu den sogenannten Neupietisten, zu denen auch der Begründer der Bewegung der Jerusalemsbrüder Christoph Hoffman gehörte, in dessen Geist Wüst zu predigen begann: freies Gebet, informelle Predigt, inniges Singen religiöser Hymnen, Durchführung von „Erbauungsstunden“ nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Kinder. 1844 wurde er aus der Gemeinde entlassen und in einer anderen lutherischen Gemeinde Vikar, wo er weiter die Notwendigkeit der Buße predigte, in der er den einzigen Weg sah, die Freude der Erlösung und der göttlichen Gnade zu empfinden. Wüsts Glaubenslehre war von den Methodisten und Herrnhutern beeinflusst. Seine Aktivitäten riefen den Unmut der lutherischen Geistlichkeit hervor, was letztlich zu seiner vollständigen Entfernung aus dem Kirchendienst führte. Wüst beschloss nach Amerika auszuwandern, um dort die Missionsarbeit unter Hutterern und Methodisten zu organisieren, ging auf Anraten Hoffmans aber schließlich nach Russland, um dort unter den deutschen Kolonisten (in der Nähe von Berdjansk ansässige württembergische Separatisten) zu arbeiten. 1845 wurde er Gemeindepastor der im Bezirk Berdjansk (Gouvernement Taurien) gelegenen Kolonie Neuhoffnung. Dank Wüst verbreiteten sich die Ideen der pietistischen Erweckungsbewegung unter den deutschen und mennonitischen Kolonisten von Bessarabien bis zur unteren Wolga. In den 1850er Jahren bildeten seine Gefolgsleute die sogenannte „Wüst-Bruderschaft“, blieben aber auch weiterhin Mitglieder ihrer Kirchen (mehrheitlich handelte es sich um Molotschnaer Mennoniten). Seine Anhänger verfolgten das Ziel, die Disziplin in den Kirchengemeinden und ihre eigene Frömmigkeit zu stärken. Ihre extreme Auslegung des Pietismus hatte allerdings zur Folge, dass aus ihren Reihen heraus die sogenannte „fröhliche Richtung“ (Hüpferbewegung) entstand, was letztlich auf den Bruch mit den alten Kirchen und die Entstehung neuer Bewegungen hinauslief. Im weiteren Verlauf verbot die lutherische Geistlichkeit Wüst die weitere Predigt seiner Ideen und verfolgte ihn. Dieser Schlag ruinierte seine von den zahlreichen Missionsreisen ohnehin schon zerrüttete Gesundheit endgültig, so dass er wenig später verstarb.

Literatur

Krökеr A., Pfarrer Eduard Wüst, der große Erweckungsprediger in den deutschen Kolonien Südrußlands, Hillsboro, Can., 1903; Friesen R M. The Mennonite Brotherhood in Russia (1789–1910), в кн.: General Conference of Mennonite Brethren Churches, Fresno, California, 1978, vol. 1, p. 102, 104, 107, 205–227, 263, 384–385, 502, 511, 700–401.

Autoren: Čerepanova N.G.

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